Gabriela Brass
KULTUR LANDSCHAFT

MODIFIKATION.


  • Modifikation XY I
  • Modifikation XY II
  • Modifikation XY III
  • Modifikation XY IV
  • Modifikation XY V
  • Modifikation XY VI
  • Modifikation XY VII
  • Modifikation XY VIII
  • Modifikation XY IX
  • Modifikation XY XI
  • Modifikation XY XII
  • Modifikation XY XIII
  • Modifikation XY XIV
  • Modifikation XY XV



Text: Reiner Kuhn, Kunstverein Gütersloh

zur Austellungseröffnung im Studio Kunstverein Gütersloh 03.12.2000 – 07.01.2001

Zu den Arbeiten von Gabriela Brass

Gabriela Brass ist Malerin. Die Frage, ob Malerei heute noch zeitgemäß wäre, berührt sie nicht. An Malerei, die sich selbst zum Gegenstand hat, mag man diese Frage stellen. Ihr geht es nicht darum, der langen Reihe malerischer Entwicklungen eine weitere Facette hinzuzufügen. Für sie ist Malerei ein Transportmittel, eine ihr adäquate Ausdrucksmöglichkeit zur Vermittlung von Inhalten. Sie will mit diesem Mittel eine Aussage machen.

Gabriela Brass malt Landschaften. Landschaft ist heute eine von Menschen geprägte KulturLandschaft und damit für sie ein Bindeglied zwischen ursprünglicher Natur und Mensch. Dieses Verhältnis Mensch und Natur erfährt fundamentale, dramatische Veränderungen. Somit ist das alte Thema der Landschaftsmalerei hochaktuell, zeitgemäß und überlebenswichtig.

Ihre früheren Landschaften kennzeichnet eine Flächenmalerei in gedämpften, oft düsteren Farbtönen. Mit zum Teil heftiger Pinselführung wurden die Flächen zu assoziativen Landschaften gefügt. Spätere Arbeiten sind stärker durch graphische Landschaftselemente geprägt, wie Halme und Ähren, die vertikal auf der immer horizontal angelegten Landschaft aufragen. In ihren aktuellen Arbeiten erweitert sie ihren Landschaftsbegriff und verbindet diese Stilmittel – ergänzt durch einen schablonisierten oder gemalten Strichcode als Symbol für eine alles erfassende digitalisierte Warenwelt. Am ehesten noch erkennbar in der kleinen Arbeit mit dem Strichcode und dem darauf sitzenden Ähren.

Landschaft hinter der Landschaft – Modifikationen nennt sie den Zyklus aktueller Arbeiten, von dem wir hier eine kleine Auswahl zeigen.

Ihr Interesse richtet sich dabei auf das Dahinter, auf Verdecktes aber Wesentliches.

Immer entsteht zunächst eine kleine schwarz/weiß Vorarbeit. Sie malt zunächst eine schwarze unregelmäßige Binnenfläche und schabloniert darauf den Strichcode. So entstehen eine Anzahl fast gleicher Blätter, die sie weiterbearbeitet. Oberhalb des Strichcodes werden in Reihe Sinnbilder angeordnet, wie z.B. Speerspitzen, Totenköpfe, Ähren, das Zeichen für Explosionsgefahr, Phalli oder Eurozeichen.

In den danach ausgeführten Leinwandarbeiten tritt als wesentliches Element die Farbe hinzu. Hier werden bewusst kitschig-schöne Farben gewählt. In diesem Fall ein Rosarot und ein zum Türkis tendierendes Blau. Die formale Nähe zur amerikanischen Flagge “Stars und Stripes“ ist erklärte Absicht und etwas verwischt unter dem Strichcode als Schriftzug erkennbar.

Von der kitschig schönen Fassade einer bunten Warenwelt werden die weitreichenden Probleme und Fragen zu den Vereinigten Staaten von Europa, den damit verbundenen umfassenden Veränderungen und der Globalisierung in den Hintergrund geschoben.

Das Eurozeichen wirkt wie eine merkwürdige mondäne Blüte auf Strichcodestielen. Der Strichcode wird zu einer Metapher für eine schöne, glatte, problemlose, großartige digitalisierte Zukunft. Alles rosarot, himmelblau, wunderschön-trügerisch, egalisiert und flach.

Aktuelle Ereignisse belegen überdeutlich, welche Entwicklung die Agricultura nimmt. Agricultura – Kultur des Bodens – die Kulturlandschaft lässt sich auch als Landschaft der Kultur verstehen und steht mit ihr in unmittelbarem Zusammenhang. Wenn wir daran denken, dass der Mensch der Vorzeit erst durch Sesshaftigkeit und Ackerbau die Nahrungssicherung und damit die Muße zu großartiger kultureller Entwicklung gewann.

Welche bitter ironischen Fortschritte beim Verständnis von der “Landschaft der Kultur“ inzwischen fast unbemerkt gemacht wurde, welche Verflachung erreicht wird, ist bemerkenswert. Fast jeder von akzeptiert inzwischen die digitale Form der Neunten von Ludwig van Beethoven als Pausenmelodie in der Telefonleitung oder in kurzer Sequenz als Rufzeichen von Mobiltelefonen.

Einspielung

Das Volk der Dichter und Denker lässt inzwischen sinnentleert aber wohlklingend/hohlklingend vom Computer dichten.

Gibt man bei Poetron im Internet einige Begriffe vor, wie zum Beispiel:

mordend, himmelblau.

so dichtet es: Doppelter

Felder

Oh Felder du

Du spöttische Erde!

Stänker in Himmelblauer Wehmut

morden und weinen

säuseln

Oh Stänker

so rund

Und Felder – du, so brutal

Und träume vom ewigen Glück

Die Landschaften, fast möchte man sagen, die KulturLandschaften der Gabriela Brass agiert nicht, aber sie mahnt, sie zeigt auf und macht aufmerksam. Sie weist hin!